18.10.2021
INNOCAMP
„Agile Arbeitswelt und nachhaltige Mobilität im urbanen Raum der Zukunft – wie stellen sich Mannheimer*innen ihren zukünftigen Alltag vor?” Diese Frage stand im Zentrum des INNOCAMP – der Auftaktveranstaltung des diesjährigen innomake!-Festivals.
„Ich bin sehr beeindruckt von Mannheim. Hier ist Nachhaltigkeit keine Worthülse, sondern ein echtes Anliegen!“ Mit diesem Satz eröffnete die Hamburger Edutainerin und Moderatorin Lena Wittneben das INNOCAMP. Im Gründungszentrum MAFINEX – mitten im dynamisch wachsenden Glückstein-Quartier – konnte sie Teilnehmer*innen aus verschiedensten Teilen der Stadtgesellschaft zu einer Veranstaltung begrüßen, bei denen die Fragen und Themen der Mannheimer*innen im Mittelpunkt standen.


„Das INNOCAMP ist nicht nur der Start, sondern auch die richtungsweisende Veranstaltung des Festivals“, erklärte zuvor Karmen Strahonja, innomake!-Initiatorin und Geschäftsführerin der Stadtmarketing Mannheim GmbH. „Die Ergebnisse werden beim abschließenden Festival-Symposium am 27. Oktober der Öffentlichkeit präsentiert – als konkretes Zukunftsbild, wie der urbane Raum der Zukunft aussehen soll.“
„Was erwartet Ihr von Eurer Stadt und Eurem Quartier?“, mit dieser initialen Frage eröffnete Christian Sommer, Mitveranstalter und Geschäftsführer des Startup-Ökosystems NEXT MANNHEIM das erste Brainstorming des Tages. Wie intensiv die Diskussionen in den späteren Workshops verlaufen sollten, spürte Moderatorin Lena Wittneben schon in diesem Moment: Sie hatte alle Hände voll zu tun, die vielen Themenvorschläge aufzunehmen, die auch sofort für lebhafte Diskussionen sorgten.
„Wir sollten darüber sprechen, ob Mannheim eine autofreie Stadt werden kann“, forderte eine Teilnehmerin. „Wir brauchen neue New Work-Konzepte, um nach der Pandemie wieder mehr Gemeinschaft zu erzeugen“, regte ein anderer Teilnehmer an. „Wir brauchen eine bessere Verknüpfung von Peripherie und City“, lautet ein anderer Themenvorschlag. Nach knapp einer Stunde stand eine Vielzahl spannender Themen im Raum, die Moderatorin Lena Wittneben in vier Workshop-Gruppen gliederte: „Mobilität“, „New Work“, „Wohn-Raum-Stadt“ und „Stadt von morgen“.
Nach einem leckeren Fingerfood-Lunch ging es direkt los: In vier Räumen formierten sich Arbeitsgruppen, um in der gemeinsamen Diskussion Wünsche, aber auch Handlungsempfehlungen zu entwickeln und zu formulieren. „Denkt daran, dass es offene Workshops sind“, erinnerte Lena Wittneben die Teilnehmer*innen, „ihr könnt von Raum zu Raum und von Thema zu Thema springen, denn alle Themen haben ihre Überschneidungen und Ihr seid eingeladen, das frei zu gestalten.“
Dass am Ende des Tages der gemeinsame Fokus dann auf den drei Themen „Mobilität“, „New Work“ und „Wohnen“ lag, ist aus Sicht von Dr. Matthias Rauch, Cultural Innovation Officer bei NEXT MANNHEIM, einfach erklärbar: „In einer Zeit, in der Stadtentwicklung immer polyzentraler, die Arbeitswelt dynamischer und Mobilität immer anspruchsvoller wird, sind diese Fragestellungen von zentraler Bedeutung.“
Umso spannender wurde es dann, als Lena Wittneben rund drei Stunden nach dem Start der Workshops die Innocamper zusammentrommelte, um die Ergebnisse zu präsentieren. In einer lockeren Atmosphäre – in den Pausen musikalisch veredelt von DJane Asli Kaymaz – legten die „Workshop-Moderator*innen“ los.
Mit einer Aufzählung aktueller Herausforderungen startete der Mannheimer Architekt Dennis Ewert für die Gruppe „Wohnen“: Zu wenig preiswerter Wohnraum und zu wenig Innovation – das seien nur einige von vielen anstehenden Problemen, die man aber mit konkreten Handlungsempfehlungen lösen könne. Wichtig sei der Aufbau von „Neighbour Hubs“ in den Quartieren, um für mehr Gemeinschaft zu sorgen; oder die Installation von „Tool Pools“, um durch den nachbarschaftlichen Tausch und Austausch von Werkzeugen oder Wissen eine „Sharing Community“ zu entwickeln. Genossenschaftliche Bauprojekte sollten stärker gefördert werden, mehr Grundstücke zu günstigen Konditionen in Erbpacht vergeben und Förderrichtlinien flexibler werden. Mehr Grünflächen, mehr Förderprogramme für nachhaltiges Bauen und Wohnkonzepte mit flexibleren Grundrissen – das alles seien wichtige Themen für das Wohnen im urbanen Raum der Zukunft.
Auch die Gruppe „New Work“ definierte Herausforderungen und beschrieb aktuelle Fragestellungen: „Bedeutet Anwesenheit im Büro automatisch Leistung – oder sind mobile Arbeit und Home-Arbeitsplätze besser, weil man als Einzelne(r) effizienter ist? Was ist zu tun, damit bei fortschreitender Digitalisierung Firmenkultur und Gemeinschaft nicht auf der Strecke bleiben?“ Als Antworten auf diese Fragen entwickelte die Gruppe Handlungsempfehlungen für die Stadtverwaltung, wie die Schaffung von zentralen Co-Working-Spaces oder das Angebot von Netzwerkveranstaltungen. Als konkrete Ideen zur Gestaltung der New Work-Zukunft wurde ein „Datenmüll-Tag“ einmal pro Jahr gefordert, an dem digitale Daten gelöscht werden – nicht zuletzt um Energie und damit CO2 einzusparen. Allgemein sei es wichtig, die Potenziale älterer Mitarbeiter*innen stärker zu nutzen und mehr Kommunikation und mehr Transparenz zu schaffen, um eines der größten Ziele zu verwirklichen: in Mannheim noch mehr Raum für Kreativität zu fördern.
Konkrete Ideen und Forderungen wurden auch in der Gruppe „Mobilität“ definiert: „Wesentlich ist die Attraktivität der Angebote“, erklärte Gruppenleiterin Jessica Yari-Miguez. Mannheim könne mit nachhaltig innovativen Mobilitätskonzepten zum Vorreiter und Standardbeispiel für andere Städte werden. Als Ziele wurden unter anderem definiert: Mehr Sharing-Angebote, ganzheitliches Fahrradwegekonzept mit Beleuchtung und Markierungen, eine Geschwindigkeitserhöhung von E-Bikes, „Lärmblitzer“ gegen Auto-Poser, kostenloser ÖPNV, mehr Fahrradstellplätze, mehr Bewohnerparkausweise und die Ausweitung der Parkzonen – aber im Sinne von Umweltschutz und Gesundheitsförderung auch die Umwandlung von Verkehrsflächen zu Grünflächen. Um das zu erreichen, sollen in Mannheim im Sinne eines urbanen „Real-Labors“ Pilotprojekte gestartet werden, deren Erfolge die Angst vor Veränderung nehmen und das Potenzial haben, sich zu großen Bewegungen zu entwickeln.
Dr. Rauch bedankte sich herzlich für den kreativen Input und betonte, dass damit ein wichtiger Anfang geleistet sei: „Wir werden die Ergebnisse beim Symposium am 27. Oktober Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz und der stellvertretenden Bürgermeisterin von Paris vorstellen – und natürlich versuchen, möglichst viele der Ideen in die Tat umzusetzen.“ Auch Karmen Strahonja zeigte sich sehr beeindruckt von den Ergebnissen: „Ich finde es großartig, wie viele zukunftsweisende Ergebnisse heute in nur fünf Stunden entstanden sind. Viele Ideen gefallen mir sehr gut, wie die Idee der Social Hubs in den Stadtteilen – um Orte zu schaffen, wo sich Aspekte wie Arbeiten, Privatleben und Familie verbinden. Bei Vorschlägen wie dem kostenfreien ÖPNV bin ich persönlich skeptisch, aber alle Ideen werden beim Symposium vorgestellt und diskutiert.“




Abschließend bedankte sie sich bei Moderatorin Lena Wittneben und den Teams von Stadtmarketing Mannheim und NEXT MANNHEIM, die ein inspirierendes Event zum Festival-Start organisiert hatten – und eröffnete eine Perspektive für das Jahr 2022: Im Zentrum der Stadt sei ein offener urbaner Raum geplant, wo Themen wie Mobilität, Energie und Nahrungsmittelversorgung behandelt werden – „um in Mannheim experimentell zu zeigen, was im urbanen Raum der Zukunft Nachhaltigkeit bedeutet.“